»Da kommt viel Aufregendes auf uns zu«
Main-Echo Pressespiegel

»Da kommt viel Aufregendes auf uns zu«

125 Jahre Kahlgrundbahn:Viele Pläne für die Bembel - Emissionsarmer Diesel und neues Informationssystem - Digitalisierung und alternative Antriebskonzepte
SCHÖLLKRIPPEN  125 Jah­re alt wird die Kahl­grund­bahn, im Volks­mund »Bem­bel« ge­nannt, in die­sem Jahr. Doch sie hat nicht nur ei­ne Ver­gan­gen­heit, son­dern auch ei­ne Zu­kunft. »Da kommt viel Auf­re­gen­des auf uns zu«, sagt Marc Bich­te­mann, Ge­schäfts­füh­rer der Kahl­grund Ver­kehrs­ge­sell­schaft mhB (KVG).

Es seien einige Dinge in Planung, nicht nur von der KVG, die für die Infrastruktur verantwortlich ist, sondern auch von der Westfrankenbahn, deren Triebwagen auf der Strecke fahren.

Seit Jahren läuft etwa die Erneuerung des Schienenstrangs, dieses Jahr zwischen Schimborn und Königshofen. Bis 2025 soll die gesamte, 24 Kilometer lange Strecke erneuert sein, sagt Bichtemann. Das wird dann rund 35 Millionen Euro gekostet haben. In diesem Jahr investiert die KVG rund 2,8 Millionen Euro in den Ausbau der Infrastruktur. »Das ist für 24 Kilometer Strecke schon eine große Summe«, sagt Bichtemann. Dazu gab es kürzlich einen Scheck über 2,2 Millionen Euro vom Freistaat zur Förderung der diesjährigen Maßnahmen.

Zuganzeiger werden erneuert

Das Geld dient nicht allein dem Streckenausbau. Als weiteres Vorhaben steht dieses Jahr die Erneuerung der dynamischen Zugzielanzeiger an den Bahnsteigen an, die den Zugverkehr in Echtzeit anzeigen. Da es für das bisherige System kaum noch Ersatzteile gibt, bleiben inzwischen viele Anzeigen dunkel, so Bichtemann. Als Alternative habe man QR-Codes aufgehängt, über die man die Informationen per Handy abrufen kann.

Weitergehen soll der Rückbau der technisch nicht gesicherten Bahnübergänge beziehungsweise deren Sicherung mit Schranken. Vermutlich im kommenden Jahr wird der Radweg zwischen Kahlgrundstraße und Hauhofer Feld in Schimborn mit einer Schrankenanlage gesichert. Die Frage sei hier, so Bichtemann: Wie viele der insgesamt 48 Bahnübergänge sind wirklich nötig? Es gebe viele kleine Feldwege, die nur ein- oder zweimal im Jahr genutzt werden.

Im Gespräch mit der Deutschen Bahn (DB) ist man derzeit wegen des Umbaus des Bahnhofs in Kahl. Hier soll unter anderem eine neue Fußgängerunterführung gebaut werden. Dabei müsse aber der geplante vierspurige Ausbau der DB-Strecke zwischen Großkrotzenburg und Mainaschaff berücksichtigt werden. Immerhin soll die Hauptstrecke auf Geschwindigkeiten bis 200 Stundenkilometer ausgebaut werden.

Letztlich werde die Digitalisierung künftig eine viel größere Rolle spielen. Etwa bei den Fahrkarten. »Das ist etwas, auf das ich mich sehr freue«, sagt Bichtemann, gibt aber zu: »Wir sind trotzdem noch am Anfang.« Inzwischen ist aber der Kauf über die DB-App möglich. »Das hat uns echt ins 21. Jahrhundert geholt«, erklärt Denis Kollai, Sprecher der Geschäftsleitung der Westfrankenbahn.

Kontrolle per App

Mithilfe der App DB-Mosaik können die elektronischen Fahrkarten jetzt auch kontrolliert werden. Wobei die App für die Kahlgrundbahn umkonfiguriert werden musste. Normalerweise erlaubt sie nur die Kontrolle von Fahrkarten, auf der Kahlgrundbahn werden jedoch auch Fahrkarten im Zug verkauft.

Für die Zukunft geplant ist der Umbau der Streckensicherung von einem signalgesteuerten Blocksystem auf das europäische Eisenbahnverkehrsleitsystem ERTMS. Die Abkürzung steht für «European Rail Traffic Management System". Dieses computergesteuerte Zugsicherungssystem, das ohne Signale an der Strecke auskommt, soll die Norm in Europa werden. Allerdings, so Denis Kollai von der Westfrankenbahn, mache es wenig Sinn, die Züge der Kahlgrundbahn auf ERTMS umzurüsten, solange das System nicht für die DB-Hauptstrecke bis Hanau eingeführt ist.

Züge wieder bis Frankfurt?

Denis Kollai hofft, dass es irgendwann möglich ist, die Züge bis Frankfurt-Ost oder Frankfurt-Süd fahren zu lassen. Selbst bis zum Frankfurter Flughafen wird angedacht. Dazu laufen Gespräche mit DB und Westfrankenbahn. Allerdings müsste zuvor die Nordmainische S-Bahn fertig sein, was bis 2030 der Fall sein wird, denn zwischen Hanau und Frankfurt besteht derzeit ein Engpass, der keine weiteren Züge zulässt. Zudem erreichen die Diesel-Triebwagen der Westfrankenbahn nicht die nötige Geschwindigkeit, um auf Hauptstrecken zu fahren. Kollai: »Wir sind neben den Güterzügen die Langsamsten auf der Strecke.«

Mögliche Alternativen wären spurtstarke Akkuzüge, die ihre Batterien während der Fahrt auf elektrifizierten Strecken aufladen und auf Abschnitten ohne Oberleitung mit Batteriebetrieb fahren. Ein derartiger Zug soll jetzt auf der Tauberbahn zwischen Tauberbischofsheim und Bad Mergentheim erprobt werden. Dazu wären zwar Investitionen bei der KVG nötig, etwa Ladestationen am Bahnhof Schöllkrippen, diese hielten sich aber in Grenzen, so Kollai. Beim Fest zum 125-jährigen Bestehen der »Bembel« am 22. Juli in Schöllkrippen wird ein derartiger Zug ausgestellt.

Versuch mit Biokraftstoff

Ob derartige Züge - oder etwa Wasserstoffzüge - auf der Kahlgrundbahn zum Einsatz kommen, das aber, so Kollai, »liegt nicht in der Macht der Westfrankenbahn«. Die Bayerische Eisenbahn-Gesellschaft (BEG), die Verkehrsleistungen bei den Verkehrsunternehmen bestellt und bezahlt, schreibt vor, mit welchen Zügen diese zu erbringen sind. Immerhin hat der BEG-Aufsichtsratsvorsitzende und bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) im April gesagt: »Wir wollen bis spätestens 2040 den gesamten Regionalverkehr in Bayern emissionsfrei fahren.«

Zunächst jedoch will die Westfrankenbahn einen Versuch mit sogenanntem HVO-Diesel starten. HVO 100 steht für »Hydrotreated Vegetable Oil«, zu Deutsch »hydriertes Pflanzenöl«, und ist ein Kraftstoff, der zu hundert Prozent aus Abfällen, zum Beispiel alten Speiseölen, hergestellt wird. Dadurch lassen sich nach Angaben von Denis Kollai die Kohlendioxid-Emissionen der Züge um 90 Prozent verringern. Startschuss dafür ist beim Fest am 22. Juli.

Keine Ausweitung im Fahrplan

Was weitere Verbesserungen im Fahrplan angeht, so hat Verkehrsminister Bernreiter bei einem Besuch in Schöllkrippen am 19. Mai erklärt, dass Ausweitungen des Verkehrsangebots derzeit finanziell nicht möglich seien. Hier waren unter anderem ein Halbstundentakt oder Expresszüge im Gespräch. Nach Angaben von Denis Kollai würde dies aber größere Umbauten an der Strecke erfordern, etwa mehr und längere Kreuzungspunkte.

Laut Marc Bichtemann muss man zudem abwarten, was zum Beispiel der Deutschlandtakt für die DB-Hauptstrecke bedeutet, in die der Verkehr der Kahlgrundbahn eingebunden ist. Denn Verspätungen dort übertragen sich auf die Kahlgrundbahn. Bichtemann: »Es gibt eigentlich kaum Verspätungen, bei denen die Gründe bei uns liegen.«

Beim Qualitätsranking der Regionalbahnen in Bayern zumindest landet die Kahlgrundbahn in den vergangenen Jahren immer auf vorderen Plätzen. Mit ein Grund, weshalb der Vertrag der BEG mit der Westfrankenbahn, der 2027 ausgelaufen wäre, kürzlich bis 2030 verlängert wurde.

Hintergrund

Moderner Schienenverkehr: ein Zug der Kahlgrundbahn kurz vor dem Kahler Bahnhof. Foto:

Hintergrund: KVG mit neuem Logo

Im 125. Jahr der Kahlgrundbahn hat die Kahlgrund-Verkehrsgesellschaft in Schöllkrippen ihr Markenbild erneuert. Unter dem Motto »KVG - wir bewegen« erhalten nicht nur die Fahrzeuge einen neuen Look, sondern auch die Webseite, Kanäle in den sozialen Medien und Gebäude der KVG werden nach und nach das neue Markenbild annehmen. Das neue Design mit seinen Farben grün und blau soll laut einer Pressemitteilung die Bedeutung von Umwelt- und Klimaschutz widerspiegeln. ()

05.06.2023
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