Das Solar-Dreieck von Schöllkrippen
Main-Echo Pressespiegel

Das Solar-Dreieck von Schöllkrippen

Gemeinderat: Main-Spessart-Solar stellt Projekt für Freiflächen-Photovoltaik vor - Einstimmig für Flächennutzungsplan und Bebauungsplan
SCHÖLLKRIPPEN  Von un­se­rem Re­dak­teur JO­SEF PÖM­MERLSel­ten ist ei­ne Ge­mein­de­rats­sit­zung in Sc­höllkrip­pen so gut be­sucht ge­we­sen wie am Mon­ta­g­a­bend. »Heu­te muss et­was Be­son­de­res auf der Ta­ges­ord­nung ste­hen«, scherz­te Bür­ger­meis­ter Marc Ba­bo (CSU). Und in der Tat war es so. Ging es doch um das bis zu 40 Hektar große Solarkraftwerk, das im Dreieck zwischen Vormwald, Sommerkahl und Schöllkrippen-Ernstkirchen geplant ist.
Seit Dezember laufen mit der Main-Spessart-Solar in Bessenbach Gespräche über eine große Freiflächen-Photovoltaik-Anlage. Wie Bürgermeister Babo erklärte, habe sich das Gebiet nördlich der Kirche von Ernstkirchen nach allen Fachkarten - Forst, Landwirtschaft, Boden, Wasser - als geeignet herausgestellt. Babo: »Das war der Anstoß, in nähere Gespräche mit den Grundstückseigentümern einzusteigen.«
Pläne erstmals öffentlich
Ein Scoping-Termin mit dem Landratsamt zum Thema Umweltverträglichkeit verlief auch positiv. Ein Grüngürtel besteht schon zum Teil. Und so habe man sich entschlossen, die Pläne öffentlich zu machen. Grundvoraussetzung ist eine Änderung des Flächennutzungsplans mit Bürgerbeteiligung.
Bernd Büttner, Geschäftsführer der Main-Spessart-Solar, wies auf die Bedeutung hin, die erneuerbare Energien durch den Ukraine-Krieg gewonnen haben. Diese sei nun offiziell im »überragenden öffentlichen Interesse« und diene der öffentlichen Sicherheit. Formulierungen, die vor mehreren Monaten noch undenkbar waren, so Büttner.
Bereits 22 Anlagen errichtet
Main-Spessart-Solar hat nach Aussage von Büttner bereits 22 Freiflächen-Photovoltaikanlagen errichtet, an 20 seien Bürger beteiligt. Zu allen Eigentümerversammlungen könne er unbesorgt hingehen, weil alles eingetroffen sei, was er versprochen habe. Als er seine Firma 1997 gründete, lag der Anteil der erneuerbaren Energien noch bei sechs Prozent; heute seien es 50 Prozent, erklärte Büttner. Im Landkreis Aschaffenburg sei die Solarenergie noch »relativ bescheiden«.
Büttner nannte auch die negativen Aspekte der Flächen-Photovoltaik: »Egal, wie schön die Grüngürtel außenrum sind, Photovoltaik sieht man.« Zudem fielen Flächen aus der Landwirtschaft raus.
Bürgerbeteiligung möglich
Andererseits gebe es Entwicklungspotenzial etwa für die E-Mobilität. Die Vor-Ort-Speicherung werde steigen. Die Wasserstoffgewinnung müsse man ebenfalls »in den nächsten zehn Jahren angehen.« Hier sagte Babo, dass die Wasserstoffgewinnung auf jeden Fall mit berücksichtigt werden müsse, etwa zur Versorgung der Busunternehmen.
Drei Möglichkeiten sah Büttner, dass die Bevölkerung davon profitiere. Vom günstigen Regionalstrom habe jeder Bürger etwas, »auch derjenige, der nicht die Mittel hat, sich daran zu beteiligen«. Zudem gebe es die Möglichkeit, sich finanziell zu beteiligen. Bei einer Schwarmbeteiligung könnten mehrere hundert Menschen mitmachen. Und letztlich bestehe die Möglichkeit einer direkten Beteiligung des Marktes Schöllkrippen an dem Projekt. Zudem bekomme die Gemeinde von jeder produzierten Kilowattstunde 0,2 Cent.
Keine Betonkonstruktion
Zum Kraftwerk sagte Büttner, dass die Gestelle für die Solarzellen in den Boden gerammt werden. Es gebe keine Betonkonstruktion. Daher könne die Anlage auch jederzeit wieder entfernt werden. Eine Schaf- und Ziegennutzung darunter sei möglich. Zudem müsse man das Stromnetz planen, denn der nächste Einspeisepunkt ins öffentliche Stromnetz sei an den Weyberhöfen in Sailauf.
Zur Umsetzung sagte Büttner, jetzt gelte es erst einmal, die nötigen Genehmigungen und Gutachten einzuholen. Zudem laufen bereits Gespräche mit den Nachbargemeinden, ob diese sich beteiligen wollen. Weiter müsse der Flächennutzungsplan vom Landratsamt genehmigt werden. Die Ausschreibungen für das Schöllkrippener Projekt sollen erst dann erfolgen, wenn alles in trockenen Tüchern ist, das heißt, alle Genehmigungen da sind.
Stephan Roth-Oberlies (Grüne) fragte, warum Büttner nicht auf die Dächer von Firmen gehe, sondern landwirtschaftliche Flächen nehme. Dächer reichten nicht aus, um die Energiewende zu stemmen, entgegnete Büttner. Zur Qualität des Bodens sagte Büttner, diese sei für Schöllkrippen nicht schlecht, im Vergleich - etwa zu den Böden im Bachgau - aber nicht gut.
Baubeginn im Sommer 2024?
Silvia Röhrig (Freie Wähler) fragte, wie lange es bis zur Fertigstellung der Anlage dauern könne. Wenn alles gut gehe, könne das Projekt im Sommer nächsten Jahres genehmigt sein, sagte Bernd Büttner. Dann müsse das Beteiligungskonzept ausgearbeitet werden. Baubeginn könnte im Sommer 2024 sein. Die Bauzeit betrage etwa sechs Monate.
Marco Schmitt (CSU) hätte die Photovoltaikanlage lieber auf den unteren Bereich des Geländes beschränkt gesehen, denn dieser sei kaum einsehbar, der obere Teil in Richtung Vormwald dagegen von verschiedenen Seiten. Würde eine Anlage, die sich auf den unteren, etwa 22 Hektar großen Bereich, beschränkt, noch wirtschaftlich sein, fragte er. Dies verneinte Büttner angesichts der zehn Kilometer langen Leitung, die bis zum Einspeisepunkt bei den Weyberhöfen gelegt werden müsse.
Einstimmig gebilligt
Letztlich stimmte der Gemeinderat der Änderung des Flächennutzungsplans »Sondergebiet Solarpark Ernstkirchen« sowie der Erstellung eines Bebauungsplans »Solarpark Ernstkirchen« einstimmig zu.

27.09.2022
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