Oldtimerfahrt: Zwei Sommerkahler Teams bei Revival der Olympia-Rallye von 1972 von Kiel nach München dabei
SOMMERKAHL/KLEINKAHL Von unserem Redakteur JOSEF PÖMMERLVor 50 Jahren, anlässlich der Olympischen Spiele in Deutschland, gab es ein großes Rennsportereignis. 307 Fahrzeuge beteiligten sich 1972 an einer Rallye zwischen den beiden Austragungsorten der Spiele in Kiel (Segelwettbewerbe) und München. Zum 50. Jahrestag gab es jetzt vom 8. bis 13. August ein Revival des damaligen Rennens. Mit dabei: zwei Fahrzeuge des Rallye-Teams Sommerkahl.
Und deren Fahrer erzielten am Ende ein weitaus besseres Ergebnis als sie selber gedacht hatten: So kamen Alexander Pistner und Jürgen Müller auf ihrem Opel Manta, Baujahr 1974, auf Platz 18 unter 197 Teilnehmern, das Team Hans-Joachim Hock und Lennart Pistner mit ihrem Opel Ascona, Baujahr 1997, sogar auf Platz 15. Lennart Pistner war mit seinen 15 Jahren auch der jüngste Teilnehmer der Veranstaltung. Wobei Fahrer und Beifahrer der beiden Teams alle in Kleinkahl wohnen.
Gemütlicher als 1972Im Gegensatz zu 1972 ging es in diesem Jahr deutlich gemütlicher zu, denn es war kein Rennen auf Zeit, sondern eine Oldtimer-Veranstaltung mit Fahrzeugen aus der damaligen Epoche. Und waren es damals 3317 Kilometer, die die Teams mit nur einer Übernachtung bewältigen mussten, so waren es heuer 2252 Kilometer bei sechs Übernachtungen, die es zu bewältigen galt. Ein Zuckerschlecken war die Rallye aber nicht. Ab 6.30 Uhr saßen die Teilnehmer bis zu zwölf Stunden am Steuer, mit einer halben Stunde Mittagspause. Alexander Pistner: »Ich spüre es diese Woche noch.« Dabei galt es, ständig irgendwelche Sonderprüfungen zu bewältigen.
Panne in KölnEtwa eine Durchschnittsgeschwindigkeit einzuhalten oder den Pfeilen einer bestimmten Strecke zu folgen. Die Prüfungen waren im Streckenbuch verzeichnet, das jeden Morgen für die jeweilige Etappe ausgegeben wurde. Am ersten Tag lief es nicht so gut, erzählt Hans-Joachim Hock, lag bei Platz 90, aber dann wurde man immer besser.
Bei den beiden Fahrzeugen gab es auch nur eine größere Panne, als beim Opel Manta in Köln eine Krümmerdichtung kaputt ging. »Ausgerechnet die hatten wir nicht dabei«, erzählt Joachim Büttner, der das Rennen mit einem Service-Fahrzeug begleitete. Doch es fand sich ein Bekannter, der eine hatte, und so ging es abends noch 30 Kilometer nach Solingen zu dem Bekannten, um die Dichtung auszutauschen.
Die landschaftlich schöne Streckenführung loben die Teilnehmer ausdrücklich. So fuhr man beispielsweise direkt am Holstentor in Kiel vorbei oder über den Brocken im Harz. Leider blieb kaum mehr als ein kurzer Blick. Allerdings machte die Rallye dieses Jahr einen großen Bogen um den Spessart. Vor 50 Jahren führte sie mitten hindurch, so gab es damals eine Etappe von Rohrbrunn über Habichsthal nach Wiesen und Schlüchtern.
Erstaunlich empfanden die Teilnehmer, wie viele Zuschauer zur Rallye gekommen waren. »Teilweise hat das ganze Dorf an der Straße gestanden, als wir durchfuhren und die Würstchenbuden waren geöffnet«, erzählt Lennart Pistner. Wahre Menschenmassen empfingen die Rallyeteilnehmer etwa in Speyer und in Bad Karlshafen in Hessen sei man gar nicht aus dem Auto raus gekommen, weil die Menschen so dicht standen. Joachim Büttner, der im Tross folgte, musste sich mit seinem Servicefahrzeug gar nicht orientieren, sondern einfach den Zuschauern am Rand folgen.
Der Andrang lag auch an der Prominenz, die mitfuhr, allen voran Rallyelegende Walter Röhrl. Von den Fahrern von 1972 waren zehn wieder mit im Rennen, allerdings außerhalb der Wertung. Die damaligen Teilnehmer seien heute über 70 Jahre alt, aber auf abgesperrten Strecken »haben die alten Männer gezeigt, dass sie die Dinger immer noch fliegen lassen können«, erzählt Alexander Pistner. Der Sieger von damals, der Franzose Jeanne-Pierre Nicolas, fuhr mit knapp 80 Jahren ebenfalls mit - allerdings ohne seinen damaligen Beifahrer Jean Todt, später Leiter des Formel 1-Rennstalls von Ferrari.
Bunte FahrzeugvielfaltFür die Rallye konnte man sich nicht qualifizieren oder einfach so anmelden. Man wurde ausgewählt, wobei fünf Rallyefahrer die Auswahl unter den Bewerbern trafen. Dadurch war es auch möglich, bei den Fahrzeugen eine breite Vielfalt zu bieten. Dominierten vor 50 Jahren Opel und Mercedes das Feld, so waren diesmal so seltene Fahrzeuge wie ein DeLorean, Bristol, Hawk oder gar ein VW Bus dabei.
Würden die Kleinkahler Rallyefahrer noch einmal bei so einer Rallye mitfahren? Die Antworten sind eindeutig: »Jederzeit«, »Auf jeden Fall«, aber auch: »Leider wird es so etwa nie mehr geben.«
JOSEF PÖMMERL